
Nach meiner beängstigenden Erfahrung mit dem Reiten in meiner Kindheit – ein Pony war beim Ausritt mit mir durchgegangen – nahm ich für viele Jahre Abstand von diesen edlen Tieren. Erst Anfang 2023 führte mich eine persönliche Krise zurück zu ihnen und sie halfen mir, wieder in Balance zu kommen. Heute berichte ich euch von einem magischen Moment, einem guten Geist und den ersten zögerlichen Schritten meines neuen Abenteuers.
Triggerwarnung: Dieser Artikel behandelt unter anderem das Thema Depression.
Ihr Lieben,
wir schreiben das Jahr 2023. Der Frühling hält mit all seiner Macht Einzug im Rheinland, fröhlich garniert mit klassischem Aprilwetter.
Ein tristes Kapitel Lebensgeschichte
Die letzten Monate waren für mich nicht besonders erbaulich gewesen. Beruflich hatte ich mich im vergangenen Jahr innerhalb der Firma umorientiert, hatte dann und wann aber das Gefühl, mich mit der Aufgabe der Leitung der agilen Transformation des Unternehmens deutlich übernommen zu haben. Nichts ging so voran, wie ich es mir gewünscht hätte.
Meine Transition war nach einer erfolgreich verlaufenen Operation Anfang Februar nun in eine Art Wartemodus verfallen, da ich meine abschließenden Behandlungen erst Ende des Jahres würde angehen können und wollen.
Ein solider Vitamin-D3-Mangel, die teils heftigen Auswirkungen der Hormontherapie und der Nachklang des Winter-Blues hatten mich zu dieser Zeit voll im Griff und neben anderen Themen zu einer respektablen Depression geführt. Das Leben ergab für mich zeitweise kennen Sinn mehr, antriebslos lag ich tagelang im Bett und bereits das Zähneputzen war für mich ein großer Erfolg. Insgesamt war das alles ziemlich beängstigend, aber es war mir egal. Mein Leben war mir egal geworden.
Falls Ihr selbst schon einmal in einer Depression gesteckt habt, werdet Ihr die Trübsal und Sinnlosigkeit möglicherweise kennen, die eine solche Erkrankung mit sich bringt. 3 Monate lang kam ich kaum aus dem Bett, konnte nicht arbeiten und fühlte mich alles in allem ziemlich hoffnungslos, obwohl es keinen wirklich offenkundigen und triftigen Grund dafür gab.
Eines Tages lud mich meine Schwester zu einem Skype-Telefonat mit ihrer Freundin Steffi ein.
„Ihr beiden befasst euch irgendwie mit dem Thema Leadership, vielleicht sollte ich euch mal miteinander bekannt machen. Sie macht irgendwas mit Pferden und Führungskräften.“
Ich sagte zu, ging jedoch ohne nennenswerte Erwartungen in das Gespräch. Es nahm einen positiven Lauf und am Ende verblieben Steffi und ich so, dass ich sie mal zu ihrem Wallach Spirit begleiten könne.
Spirit – Ein guter Geist tritt in mein Leben
An einem verregneten Apriltag trafen wir uns an Spirits Koppel. Der Matsch stand mir fast bis zu den Knöcheln, Regenschauer weinten vom Himmel und hüllten die grünen Wiesen in ein dunstiges Grau, das mein Inneres nicht besser hätte widerspiegeln können. Mit Mühe hatte ich mich aus dem Haus bewegt, ein Umstand, auf den alleine ich schon stolz war.
Steffi nahm sich viel Zeit für mich und erklärte mir mit Geduld allerhand Details über Pferde – ihr Sozialverhalten, ihre Lebensweise und den allgemeinen Umgang mit ihnen. Mein Respekt vor Spirit war aufgrund meiner schlechten Erfahrung in der Kindheit anfangs noch sehr groß, doch Steffi und Spirit vermittelten mir Sicherheit und Ruhe.
Und so traute ich mich schlussendlich, mit den beiden eine große Runde spazieren zu gehen. Anfänglich noch unsicher, trottete ich den beiden mit gebührendem Abstand hinterher. Dabei beobachtete ich sie sehr genau, vor allem ihre Dynamik untereinander. Und von Minute zu Minute fühlte ich mich besser und sicherer. Die beiden waren ein Team und diese innige Verbindung machte etwas mit mir. Es bewegte mich tief.
Als ich Spirit dann eine Weile selbst führen durfte, merkte ich, wie sehr mich seine Anwesenheit in den Augenblick holte und alle Sorgen in den Hintergrund traten. Als ich den Führstrick zum ersten Mal in der Hand hielt, pochte mein Herz vor Aufregung. Jeder Schritt, den ich mit Spirit machte, fühlte sich gut an. Es war, als ob wir in einem stillen Dialog stünden, in dem jede meiner Bewegungen von ihm gespiegelt wurde.
Er forderte meine volle Achtsam- und Aufmerksamkeit und entlarvte jede Ablenkung, in dem er mich anstupste oder unruhig wurde. Während des Spaziergangs bemerkte ich, wie Spirit immer wieder langsam in meine Richtung kam, als wolle er seine und meine Grenzen testen.
Es blieb mir keine Zeit, um depressiven Gedanken nachzuhängen. Denn Spirit brachte mich in kürzester Zeit – manchmal sanft, manchmal frech – wieder in den Moment zurück und lenkte mich auf diese Weise nicht nur wohltuend ab, sondern knüpfte auch ein feines Band zwischen uns.
Nach dem Spaziergang stand ich noch eine Weile mit ihm auf seinem Paddock, streichelte seinen Kopf und legte meine Stirn an seine. Das kribbelte. Innere Ruhe breitete sich in mir aus. Wohlige Wärme und so etwas wie Lebensenergie und Hoffnung. Es war genau dieser magische Moment, der etwas in mir öffnete und eine von mehreren Türen aufstieß, die mich am Ende aus der Depression führen sollten.
Der gute Geist, der mein Herz berührte
Schlussendlich brachten wir Spirit zu seinen Kumpels auf die Koppel und mein Herz pochte vor Freude. Dieses Pferd hatte etwas in mir berührt, als habe er die finsteren Regenwolken meiner Depression ein Stück beiseite gepustet, sodass ein zarter Sonnenstrahl wieder in mein Leben treten konnte.
Mit jedem Schritt, den ich an diesem Nachmittag mit ihm machte, schien die Welt ein wenig heller für mich zu werden. Sein sanftes Wesen und die Art, wie er manchmal in meine Richtung blickte, gaben mir das Gefühl, dass ich nicht alleine war – er war da, präsent und aufmerksam, wie ein stiller Begleiter in meiner Dunkelheit.
Diese erste Begegnung mit Spirit hat mich nicht nur aus meiner selbstzerstörerischen Starre gerissen, sondern auch meine langjährige Sicht auf Pferde vollkommen verändert. Aus Furcht wurde Respekt, und aus Respekt wuchs eine tiefe Zuneigung.
Mit einem Lächeln im Gesicht und Kribbeln im Bauch fuhr ich heim, beseelt von einer fixen Idee: Ich wollte etwas mit Pferden machen! Das naheliegendste war da natürlich Reiten lernen. Und den Umgang mit ihnen. Eines Tages würde ich auch an der Koppel meines Seelenpferdes stehen und es dabei beobachten, wie es mit seinen Freunden über die grünen Wiesen tollt.
Dass dieser Traum gar nicht mal so abwegig war, konnte ich zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht wissen …
Welche ersten Schritte ich für die Erfüllung dieses Traums unternahm, verrate ich euch im nächsten Artikel.
Alles Liebe,
eure Julia
Fühlst du dich niedergeschlagen oder überfordert?
Es ist wichtig, dass du weißt: Du bist nicht alleine. Viele Menschen erleben Phasen der Depression oder emotionaler Überforderung. Es gibt Hilfe und Unterstützung für dich.
Wenn du dich depressiv fühlst, zögere nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Ein erster Schritt könnte der Kontakt zu deinem Hausarzt oder einem Therapeuten sein.
Kostenlose Telefonhotline in Deutschland:
Telefonseelsorge: 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222
Die Telefonseelsorge ist rund um die Uhr erreichbar und bietet dir ein offenes Ohr sowie Unterstützung in Krisensituationen. Das Gespräch ist anonym und vertraulich.
Scheue dich nicht, den ersten Schritt zu machen. Deine mentale Gesundheit ist wichtig.


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